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Korrigieren, redigieren, recherchieren: aus dem Berufsalltag einer Lektorin

„Können Sie da bitte mal drüber schauen?“ Als Lektorin kenne ich solche oder ähnliche Anfragen nur zu gut. Was genau ist wohl damit gemeint? Soll ich den Text inhaltlich prüfen oder den Stil verbessern? Geht es nur um einen Orthografie-Check? Auf Nachfrage höre ich dann manchmal, so genau wisse man das auch nicht …

Fakt ist, der Unterschied zwischen Lektorat und Korrektorat ist den wenigsten klar. Damit stellt sich die Frage: Was genau macht eigentlich eine Lektorin? Die Antwort: Es kommt darauf an.

Eine Lektorin arbeitet im Verlag – oder nicht?

Ja und nein. Große Verlage leisten sich in der Regel ein eigenes Lektorat. Kleinere arbeiten eher mit Freiberufler:innen, die sich oft auf bestimmte Genres wie Belletristik, Fachbuch, Fantasy oder Kinderbuch spezialisiert haben. Sie prüfen, welche Manuskripte sich fürs Verlagsprogramm eignen, arbeiten eng mit Autor:innen z. B. an Plot und Figurenentwicklung. Ihr Ziel ist es, so wenig wie möglich, aber so viel wie nötig in das Original einzugreifen.

Andere Kolleg:innen haben sich – wie ich – auf die Unternehmenskommunikation spezialisiert. Und so stammen die Texte, die ich bearbeite, üblicherweise aus der Marketingabteilung oder dem Produktmanagement. Dort sitzen meine „Sparringspartner“.

Dennoch: So wie jeder Arzt und jede Ärztin einen medizinischen Check-up anhand bestimmter Werte machen kann, so evaluieren wir die vorgelegten Texte anhand bestimmter Kriterien – unabhängig von Kundengruppe oder Spezialisierung. Welche Kriterien das sind, erfahren Sie hier. Dabei wird oft unterschätzt, wie umfangreich diese Arbeit am Text tatsächlich sein kann!

Als Lektorin über den Tellerrand blicken

Zurück zum Ausgangspunkt: Ein kurzes Gespräch, dann ist meist klar, was genau der Kunde bzw. die Kundin erwartet. Knifflig wird es, wenn sich im Laufe der Arbeit herausstellt, dass der vorgelegte Text „hilfsbedürftiger“ ist als ursprünglich gedacht. Aber soll ich offensichtliche Mängel oder Fallstricke unerwähnt lassen, nur weil sie den vereinbarten Rahmen sprengen? Natürlich nicht.

Beispiel Superlative (der Beste, der Schnellste usw.) Sie werden speziell in Werbetexten gerne eingesetzt. Grammatikalisch ist dagegen nichts einzuwenden. Aber Vorsicht: In Deutschland setzt das Wettbewerbsrecht der Verwendung enge Grenzen. Im Zweifel muss der Autor/die Autorin belegen können, dass das Produkt wirklich das beste am Markt ist. Mein Vorschlag in diesem Fall: Die Aussage relativieren oder präzisieren, damit sie unangreifbar wird (z. B. „einer der Besten“ oder „der Beste in der Leistungsklasse von … bis“).

Die Lektorin als Marketer: Botschaft und Zielgruppe

Als Lektorin mit Marketing-Background und Fokus auf Marketing-Texte schaue ich genau danach: Wer soll den Text lesen und warum?

Ich verstehe mich als Mittlerin zwischen Sender:in und Empfänger:in. Ist die Botschaft für die Zielgruppe klar verständlich? Die Erfahrung hat mir gezeigt, dass sich insbesondere Autor:innen mit technischem Hintergrund gerne in Details verlieren und zu viel Fachkenntnis beim Gegenüber voraussetzen. Wenn ich als Außenstehende Zusammenhänge oder Sachverhalte nicht verstehe, wird es manch Leser:in wahrscheinlich genauso ergehen. Also muss eine andere Formulierung oder zumindest eine Erläuterung her. Wichtig ist auch der Kanal, über den die Botschaft vermittelt werden soll: Print, Online, Social Media? Davon ist nicht der Inhalt, aber die Art der „Schreibe“ abhängig.

Und auch das kann Teil der Betrachtung sein: Passt der Text in die gesamte Kommunikationsstrategie eines Unternehmens und zur „Corporate Language“?

Und was ist mit dem Korrektorat?

Tatsächlich ist die Beseitigung von Rechtschreib- und Tippfehlern für mich ein letzter Arbeitsschritt, bevor ich das Ergebnis meiner Arbeit zurück an die Kund:in schicke. Wenn es allerdings um absolute Präzision beim Korrigieren umfangreicher Texte geht – z. B. die Schlusskorrektur eines Geschäftsberichts oder eines auflagenstarken Katalogs – sind die Korrektur-Profis gefragt. Solche Aufträge gehören meines Erachtens in die Hände von erfahrenen Korrektor:innen.

Sie benötigen Unterstützung bei der Arbeit an Ihrem Text? Sprechen Sie mich an oder nutzen Sie die Datenbank des Verbands der Freien Lektorinnen und Lektoren e. V. (VFLL). Dort können Sie nach der gewünschten Leistung oder nach Sachgebieten selektieren.

Jutta Schüler
Autorin / Author